Ende letzten Jahres kam das neue Buch von Christiane zu Salm heraus, Anlass für einen kleinen Fragebogen mit mir selbst. Statt einer Buchrezension.

 

Warum hast Du das Buch gelesen?

 Das vorherige Buch von Christiane zu Salm: Dieser Mensch war ich hat mich umgehauen. Eine Sammlung von sehr konzentrierten und unwahrscheinlich ehrlichen Lebensrückblicken von Sterbenden. Etwas Vergleichbares hatte ich zuvor noch nie gelesen. Da wollte ich natürlich auch das nächste Buch von Christiane zu Salm lesen. Das Thema Tod, das Thema Trauer, faszinieren mich. Wie erleben Menschen das Unfassbare, wie gehen sie damit um?

Was steht in dem Buch?

 Vierzehn Erzählungen darüber, wie es ist, einen Menschen zu verlieren. Bei manchen ist der Verlust schon Jahre her, bei manchen noch nicht so lang. Es berichten vorwiegend Frauen. Christiane zu Salm verfasste ein recht kurzes Vorwort.

Was gibt es über die Berichte zu erzählen?

 Jede Geschichte ist für sich eine Tragödie, der kaum etwas hinzuzufügen ist: Der geliebte dritte Bruder, der schwerstbehindert zur Welt kam und zugleich erwartet und unerwartet plötzlich stirbt. Der unter einer Lawine begrabene Ehemann. Die ertrunkenen Kleinkinder. Die Schwester, die sich selbst das Leben nahm. Jeder Tod ist anders, jeder trauert anders.

Wie halfen sich die Betroffenen?

 In den meisten Fällen gab es um die Trauernden herum ein Netz von Freunden und Verwandten, die da waren. Das half. Miteinander sprechen half. Wenn es Kinder gab, half es, für sie da zu sein. Das Denken von einem Moment zum nächsten half: Aufstehen. Ins Bad gehen. Die Zähne putzen. Ausspülen…. Nicht weiter denken. Manchen half ihr Glaube.

Warum schrieb Christiane zu Salm das Buch?

 In einem Interview berichtet sie, dass eine der Frauen in ihrem Buch ihre Geschichte nur erzählte, weil sie glaubte, damit anderen helfen zu können, denen es ähnlich ergangen ist. Damit diese sich beim Lesen sofort wortlos und bedingungslos verstanden fühlen.

Außerdem schrieb zu Salm im Vorwort, dass fast alle es als heilsamen Prozess erlebten, ihre Verlustgeschichte in Worte zu fassen und sich das eigentlich Unsagbare von der Seele zu reden.

Jeder erzählt seine Geschichte selbst, aber Christiane zu Salm hat durch die Auswahl der Interviewten die Möglichkeit, dem Leser eine deutliche Botschaft zu vermitteln; Ihre im Buch letzte Interviewpartnerin schließt ihren Bericht mit folgenden Worten: Eine Tür geht zu und eine neue geht auf. Man kann nicht mitsterben. Es nützt nichts. Sie kommen nicht mehr. Aber man kann den Verlust auch als eine neue Chance verstehen.

Und so beendet auch Christiane zu Salm ihr Vorwort mit der Botschaft, dass der Sinn des Lebens nicht in der immerwährenden Trauer liegen kann. Sondern irgendwo im Leben. Im Weiterleben.

 

Was nimmst Du mit aus dem Buch?

 Es sind einfache Botschaften, derer ich mir vollkommen bewusst bin, die mir aber durch die Berichte noch einmal ganz deutlich spürbar werden:

Den Moment als Glück zu genießen (S.36)

Nichts als großes Problem anzusehen (S.152)

Das Leben ist kostbar (S.230)

Unterscheiden: Was ist ernst und was ist nicht der Rede wert (S.249)

Würdest Du das Buch weiterempfehlen?

 Ja. Weiterleben ist nicht so atemberaubend konzentriert wie Dieser Mensch war ich, aber das liegt in der Natur des Themas. Die Geschichten brauchen eben ihren Platz. Ich bewundere beim Lesen, wie jeder für sich auch nur irgendeinen Weg fand, mit dem Tod des geliebten Angehörigen zurecht zu kommen. Allerdings frage ich mich: Was ist mit denen, die niemanden haben, oder mit denen, die einfach nicht in der Lage sind, sich zu helfen? Die Erzählenden hatten fast alle jemanden um sich herum, an den sie sich wenden konnten oder haben sich anders Hilfe gesucht. Wie wäre ein Buch mit „Scheiternden“, mit denen, die über einen Tod nicht hinwegkommen? Für die das Leben nicht mehr lebenswert ist?  Aber: Würde ich so ein Buch überhaupt lesen wollen?

 

Bei der Recherche zu diesem Blog fand ich eine ganze Reihe lesenswerter Blogs, die sich mit dem Thema Tod und Trauer beschäftigen. Hier eine Auswahl:

http://www.deintodundich.de/

http://in-lauter-trauer.de/

https://totenhemd.wordpress.com/

https://meineschwestertotundichhier.wordpress.com/

http://bestatterweblog.de/

https://wirsindnochhier.wordpress.com

https://mynfs.wordpress.com/

http://elterntreffpunkt-girasol.ch/