Gerda Kraft ist 77 Jahre alt und wohnt seit fast 50 Jahren in dem Haus, das sie mit ihrem Mann zusammen gebaut hat. Herr Kraft ist vor einigen Jahren gestorben, die drei Kinder schon lange ausgezogen. Gerda Kraft ist fit, sie kauft selbst ein, kocht und macht sogar noch Gelee aus den Johannisbeeren, die im Sommer an drei Sträuchern im großen Garten hängen. Doch manchmal wird ihr das alles zuviel. „Ich schaffe es nicht, auf die Leiter zu steigen und die Glühbirne im Flur zu wechseln, dafür bin ich zu unsicher“, sagt sie. „Aber soll ich dafür einen Elektriker holen?“

Ihre Nachbarin weist Gerda Kraft auf „Wohnen für Hilfe“ hin. „Wohnen für Hilfe“ ist ein Projekt, das es in den meisten deutschen Universitätsstädten gibt. Hier werden Studenten, die ein Zimmer suchen, an Senioren vermittelt, die Hilfe brauchen. Für jeden Quadratmeter, den die Studenten bewohnen, leisten sie eine Stunde Hilfe im Monat. Mona Kaiser heißt die junge Frau, die seit kurzem bei Frau Kraft in das ehemalige Zimmer des ältesten Sohnes eingezogen ist, das 18 Quadratmeter misst. Nun erledigt sie 18 Stunden im Monat je nach Bedarf Gartenarbeit, Einkäufe oder leichte Putzarbeiten. „Ich habe einfach kein bezahlbares Zimmer gefunden, als das Semester anfing“, sagt Mona Kaiser. Nun ist sie mit der Lösung, bei Gerda Kraft zu leben, zufrieden, die beiden verstehen sich gut.

Die Geschichte von Gerda Kraft und Mona Kaiser habe ich mir ausgedacht. Doch ganz ähnlich entstehen Partnerschaften, die durch „Wohnen für Hilfe“ vermittelt werden. Ich bin erst kürzlich auf diese Wohnform aufmerksam geworden, die in den letzten Jahren entstanden, aber doch noch ein Geheimtipp ist. Wie will ich selbst im Alter wohnen, hatte ich mich gefragt. In meiner eigenen Wohnung? In einer Alten WG wie der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf? Im betreuten Wohnen? Bei meinen Kindern? Ich bin fasziniert davon, was für Möglichkeiten sich auf breiter Ebene zu entwickeln beginnen in Zeiten, in denen die Menschen älter, zugleich aber auch fitter werden, öfter umziehen und die Scheidungsrate vermutlich höher als noch vor fünfzig Jahren ist.

Grit, wie stellst Du Dir das Wohnen im Alter vor?

Infos:  http://www.wohnenfuerhilfe.info/      http://www.pluswgs.de/

1 Kommentar

  1. Grit Kramert

    Hallo Katja,
    in der Tat mache ich mir häufig Gedanken darüber, wie mein Leben im Alter wohl aussehen wird. Werde ich gesund sein, körperliche Gebrechen haben oder gar unter einer Demenz leiden? Kann ich heute schon mein Leben im Alter planen, wenn ich noch gar nicht weiß, wie es sich entwickeln wird?
    Ich denke ja. Es ist sogar unsere Verantwortung, uns mit dem Alter auseinanderzusetzen, denn die Meldungen über die demographische Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten mit all ihren Folgen fordern geradezu auf, nach Modellen zu suchen, die unserer Generation im Alter ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben ermöglichen. Das von Dir vorgestellte „Wohnen für Hilfe“ finde ich eine sehr vielversprechende Variante, wenngleich ich mich frage, wer in den Semesterferien hilft, oder wie die älteren Leute mit dem ständigen Wechsel von „Untermietern“ klarkommen. Eine von „Wohnen für Leben“ abgeleitete Wohnform gibt es in der „Lebens-WG“ (http://www.lebens-wg.net). Hier ziehen rüstige Senioren bei hilfsbedürftigen Altersgenossen ein. In welcher Form auch immer, das Leben in einer Wohngemeinschaft, in der man sich gemeinsam unterstützt, kann ich mir für mich sehr gut vorstellen.