Auch nach vielen Jahren des Schreibens habe ich immer noch Schwierigkeiten mit ihm – dem Konjunktiv. Ewige Unsicherheit, ewige Diskussion. Zum Beispiel mit Dr. Kurt Hartwig, einem treuen Blogleser. In diesem Gastbeitrag bringt er Ihnen den Unterschied zwischen Konjunktiv 1 und Konjunktiv 2 bei – gar nicht so schwer! Die Übung  im Worksheet 25 ist danach das reinste Kinderspiel für Sie.

 

Ein Ehepaar unterhält sich über die schulischen Leistungen seines Sohnes Daniel, der gerade eine Fünf geschrieben hat. Woran liegt Daniels schlechte Leistung? Er habe fleißig gelernt, gibt der Vater die Entschuldigung seines Sohnes wieder. „Auch mir hat er gesagt, dass er viel gelernt hätte. Das stimmt aber nicht“, erwidert die Frau ihrem Manne.

Konjunktiv 1

Der Ehemann hatte die Erklärung Daniels so, wie sie lautete, hingenommen. Er gibt das wieder, was er von ihm vernommen hat, ohne dessen Inhalt zu bewerten. Er hätte die Äußerung Daniels auch direkt wiedergeben können: „Daniel hat mir gesagt: “Ich habe fleißig gelernt.““ Der Ehemann wählt die Form der indirekten Rede, durch die regelmäßig die Äußerung eines Dritten, hier von Daniel, wiedergegeben wird. Die nennt man grammatisch den Konjunktiv 1, der aus dem Wortstamm des Infinitivs des Verbs gebildet wird – hier von „haben“. Indikativ: er hat; Konjunktiv 1: er habe.

Konjunktiv 2

Die Frau bringt durch die andere Benutzung von „haben“ – nämlich „er hätte“ – ihren Zweifel gegenüber der Äußerung von Daniel zum Ausdruck. Der Konjunktiv 2, den sie benutzt, klassifiziert etwas als irreal. Er wird gebildet aus dem Imperfekt= er hatte; Konjunktiv 2 = er hätte. Seine Benutzung geht weit über die Klassifizierung der Äußerung von Dritten hinaus.

Zum Beispiel für irrationale Fantasien:

„Wenn ich ein Vöglein wär‘ und auch zwei Flügel hätt‘, flög‘ ich zu dir…“

Als Höflichkeitsform, die einen Wunsch zum Ausdruck bringt: „Dürfte ich Sie bitten,“ „Wären Sie so freundlich, …“ , „Würden Sie so liebenswürdig sein…(Konjunktiv 2 Futur)

Die Benutzung des Konjunktivs bei der Wiedergabe der Äußerung von Dritten geht mehr und mehr zurück. Benutzen Sie den Konjunktiv 1 dennoch! Er macht die Sprache interessant und gibt Ihren Standpunkt implizit wieder.

Konjunktiv in den Medien

Die Medien haben eine Masche gefunden, den Konjunktiv 1 nicht anzuwenden. „Der Täter soll eine Schusswaffe bei sich haben“, steht in der morgendlichen Gazette. Das klingt wie eine Aufforderung an den Täter, seine Schusswaffe auf keinen Fall wegzuwerfen. Und dem Leser wird nicht die Quelle der Information genannt. Die Alternative wäre zu schreiben: „Der Täter habe eine Schusswaffe bei sich, heißt es von Seiten der Polizei.“ Die Quelle der Information wird hier dem Leser verdeutlicht. die Möglichkeit bleibt offen, dass der Täter in seine rechte Jackentasche gegriffen hat, nicht um eine Pistole zu ziehen, wie die Polizei meint, sondern um auf sein Handy zu schauen.

Alles klar? Dann ran an Worksheet 25